Im Herbst und Winter leiden wir körperlich vermehrt unter Erkältungen und grippalen Infekten. Die dunkle Jahreszeit schlägt sich aber auch auf die Psyche. So mancher ist trübsinniger, unmotivierter und melancholischer als sonst. – In Fachkreisen ist das bekannt unter SAD (seasonal affective disorder) oder dem Winterblues.
Die Tage werden kürzer. Der Mangel an Sonnen- und Tageslicht setzt unserem Energiehaushalt und der Stimmung zu. Wir bewegen uns in der Regel weniger, gehen nicht so gerne raus und essen deftiger und kalorienreicher (Martinigansl, Faschingskrapfen, Bratlessen, Adventszeit mit Keksen und Glühwein, Weihnachtsessen, Faschingsbälle, mehr Alkohol als sonst etc.). Zudem ist es oft nass und kalt. Unser Immunsystem ist also besonders gefordert, Viren und Bakterien haben leichtes Spiel.
Immunsystem stärken
In dieser Zeit kann es hilfreich sein, das Immunsystem noch mal besonders zu schützen oder zu stärken. Hinlänglich bekannt sind „Bewegung an der frischen Luft“ und „abwechslungs- und vitalstoffreiche Ernährung“. Mikronährstoffe, die jetzt besonders gefragt sind, sind Vitamin C und D, Zink, Selen und N-Acetyl Cystein (NAC) – letzteres gilt als antibakteriell, antientzündlich, antioxidativ und schleimlösend und kann daher zur Linderung von Atemwegserkrankungen bzw. zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt werden.
Aus dem Pflanzenreich sind u.a. der Roter Sonnenhut (Echinacea purpurea) – zur Prophylaxe und Behandlung von Atemwegsinfekten und Harnwegsinfekten – sowie die Kapuzinerkresse und die Zistrose bekannt.
Bitterstoffe für den Stoffwechsel
Traditionell essen wir schwerer (fetter und süßer) als im Sommer. Der eine oder andere konsumiert auch mal Alkohol in geselliger Runde – privat, auf der Weihnachtsfeier, am Christkindlmarkt oder auf einem der vielen Bälle. Das geht so bis zum Ende des Faschings. In dieser Zeit sind unsere Stoffwechselorgane und besonders die Leber gefordert. Wir können sie gut unterstützen, indem wir unseren Körper mit ausreichend Bitterstoffen versorgen. Da unsere Nahrung nicht mehr genügend davon aufweist, empfehlen sich Tinkturen oder Elixiere aus typischen Bitterstoffpflanzen. Hierzulande sind die bekanntesten: Enzianwurzel, Wermut, Tausendgüldenkraut, Schafgarbe, Salbei, Löwenzahn, Engelwurz, Meisterwurz etc.
Sie regen die Verdauungssäfte an, unterstützen die Leber und können sogar einen positiven Effekt auf die Psyche haben. Auch Menschen, die rekonvaleszent sind und nicht recht in die Gänge kommen, können von Bitterstoffen profitieren.
Gegen den Winterblues
Wer jetzt häufiger eine gedrückte Stimmung hat, vermehrt grübelt, weniger Antrieb verspürt, Heißhunger auf Süßes und ein erhöhtes Schlafbedürfnis hat, könnte am sogenannten Winterblues bis hin zu einer Winterdepression leiden, einer Lichtmangel-Störung. Aufgrund der kürzeren Tage wird bei den betroffenen Personen Serotonin auch während des Tages zu Melatonin, dem Schlafhormon, umgewandelt. Durch diesen Serotoninmangel entstehen die depressiven Beschwerden. Unsere Botenstoffe werden auch über das Licht gesteuert. Daher haben wir im Sommer und bei ausreichend Sonnenlicht meist bessere Laune. Hier kann eine Lichttherapie helfen (Tageslichtlampe, 30 min pro Tag, z.B. morgens beim Frühstück) oder wir vertrauen auf eine Pflanze, die als „Lichtbringer“, besonders in der dunklen Jahreszeit bekannt ist.
Johanniskraut
ist ein pflanzliches Antidepressivum und hilft auch bei Winterdepression (als Tee, Tinktur oder Fertigpräparat). Es ist eine Pflanze der Sommersonnenwende – sie beginnt um den 24. Juni, also um Johanni, zu blühen. Das ist der Tag, an dem in der christlichen Tradition Johannes des Täufers gedacht wurde. Sie speichert das Licht des Sommers und der langen Tage für die Dunkelheit des Winters mit den kurzen Tagen. Die vielen gelben Blüten sind nicht besonders groß, sehen aber bei genauerer Betrachtung wie kleine Sonnen aus. Mit seiner leuchtend gelben Pracht erfreut das Johanniskraut gegen Ende Juni unser Auge. Hält man die Pflanze ins Licht, fallen helle und dunkle (dunkelrote) Punkte auf, die über die Blätter und Blüten verteilt sind. Die dunkelroten Tüpfel enthalten den Farbstoff Hypericin, das dann auch das Johanniskrautöl rot färbt und heilkräftig ist.
Johanniskraut war schon in der Antike als Wundheilmittel, zur Fiebersenkung und bei Nervenschmerzen bekannt. Seit Paracelsus findet man Hinweise zu seiner antidepressiven Wirkung. In der Homöopathie wird es ebenfalls bei Nervenschmerzen eingesetzt („Arnika der Nerven“). Johanniskraut gilt in der Kräuterheilkunde als Mittel bei Wunden, egal ob körperlichen oder seelischen. Es wirkt, indem es das gespeicherte Licht in die Wunden bringt, die daraufhin heilen können.
So spricht das Johanniskraut: „Als uralte Heil- und Lichtpflanze nehme ich Licht auf und speichere es. Die Kraft der Sonne und des Lichtes, die ich in mir gesammelt habe, ist wohltuend und stärkend – nicht nur für die Nerven, sondern für den gesamten Organismus. Wer zu wenig aus dieser Quelle schöpfen kann, läuft Gefahr, trübsinnig zu werden. Ist die Lichtaufnahmefähigkeit geschwächt oder das Lichtangebot vermindert, wie es durch anhaltend trübe Witterung oder langen Aufenthalt in Räumen mit Kunstlicht vorkommt, dann kann ich helfen. Ich bringe wieder Licht in Leib und Seele und helle die Stimmung auf.“ Quelle: Spirituelle Pflanzenheilkunde. Wesen der Pflanze, traditionelle Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse.
Johanniskraut ist eine der bestuntersuchten Heilpflanzen. Es gibt zahlreiche klinische Studien, die seine antidepressive Wirkung belegen. Der Wirkmechanismus ist nicht vollständig geklärt. Man vermutet, dass Hyperforin der Hauptwirkstoff ist. Die antidepressive Wirkung des Johanniskrautes ist sensationell. Es greift vielfältig in den Neurotransmitter-Stoffwechsel (v.a. des Serotonins) des Gehirns ein, vereint wahrscheinlich mehrere antidepressive Wirkweisen miteinander und wirkt deshalb so effektiv und nebenwirkungsfrei. Es ist leichten bis mittelschweren Depressionen vorbehalten, was daran liegt, dass schwere Depressionen im Krankenhaus behandelt werden und dort Johanniskraut nicht eingesetzt wird.
Johanniskraut hat photosensibilisierende Eigenschaften; d.h. man bekommt schneller und leichter einen Sonnenbrand. Johanniskraut macht also den gesamten Organismus empfänglicher für die Strahlen der Sonne bzw. für Licht. Es wurde beobachtet, dass schulmedizinische Medikamente eine schlechtere Wirkung zeigen, wenn der Patient gleichzeitig auch Johanniskraut-Präparate einnimmt. Das gilt auch für die Pille: So kam es zu Schwangerschaften trotz Einnahme von Kontrazeptiva. Untersuchungen dazu ergaben, dass Johanniskraut die Entgiftungsfunktion der Leber fördert. Johanniskraut ist also auch eine Leberpflanze! Das ist insofern interessant, weil Lebermedikamente sowohl in der Schulmedizin als auch in der Naturheilkunde rar sind. Nun gilt in der Naturheilkunde die Müdigkeit als Schmerz der Leber. Depressive Patienten sind auch energielos. Könnte die Aktivierung des Leberstoffwechsels auch an der antidepressiven Wirkung des Johanniskrauts beteiligt sein?